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Familienzentrum Nahe in Gefahr

Kein Zuschuss für Nahes Familienzentrum
Gemeinde gehen mehrere hunderttausend Euro an Förderung verloren. Landesamt begünstigt andere Projekte. Wie geht‘s weiter?
27.04.2015 21:10 Uhr
Familienzentrum
Hier soll das Familienzentrum entstehen. Wenn es aber nicht gefördert wird, muss das Projekt selbst finanziert oder aber abgespeckt werden.
Nahe. Nachdem Nahes Bürgermeister Holger Fischer am Freitag die E-Mail
vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR)
gelesen hatte, war das Wochenende für ihn gelaufen.
Denn der Antrag seiner Gemeinde auf Förderung des Aufbaus eines
Familienzentrums im Dorfhaus ist abgelehnt worden. Fischer, der mit einem
Zuschuss von rund 65 Prozent der Kosten (etwa 600000 Euro) gerechnet
hatte, musste in der Mail lesen, „dass wir gar nichts bekommen“.
„Ich war sehr enttäuscht, dass wir ‘rausgefallen sind. Das war eine richtig
fette Überraschung.“ Damit habe kaum jemand gerechnet, der mit diesem
Thema befasst war. Auch die Aktivregion Alsterland, die den Naher Antrag
geprüft hatte, dürfte erstaunt sein. Wie Fischer in der LLUR-Mail lesen
musste, „sind wir in Kategorie II eingestuft worden. Zwar an zweiter Stelle,
aber wir würden nur Geld bekommen, wenn ein Projekt aus Kategorie I
platzen würde.“ Die Nachricht war niederschmetternd für ihn: „Da war mein
Wochenende verdorben.“
Wie Axel Strunk vom LLUR auf Anfrage erklärte, seien über 60 Projekte
eingereicht worden, die aus der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung
der Agrarstruktur und Küstenschutz“ gefördert werden wollen. Damit sei das
zur Verfügung stehende Zuschussvolumen fünffach überzeichnet gewesen.
Denn der „Topf“ ist mit nur sechs Millionen Euro gefüllt. Es musste also
selektiert werden — 16 Projekte, die in Kategorie I und II eingeteilt wurden,
blieben übrig. Strunk zu den LN: „Nahe war auch förderungsfähig.“ Aber
andere eben mehr. Vor allem gegen Projekte zur Schaffung neuer
„Markttreffs“ seien die Naher ins Hintertreffen geraten, sagte Strunk.
Entschieden hat dies eine Kommission, bestehend aus Vertretern des
Landwirtschaftsministeriums und des LLUR.
Was nun? „Das ist ein ganz schöner Rückschlag“, kommentierte Fischer.
Doch aufgeben wolle er nicht. Es gebe die Alternative, „dass wir das in
Eigenleistung machen — Stück für Stück, so wie wir das finanziell können“.
Um zu sparen, müsse man nun vermutlich Wärmeschutzmaßnahmen und
den Einbau neuer Fenster zurückstellen. „Wir müssen Abstriche machen,
aber das Haus muss auf Vordermann gebracht werden“, sagte Fischer. „Das
Projekt soll nicht einschlafen.“ Zwar haben die Naher die Chance, in der
„Förderungstabelle“ aufzusteigen, sollte eine Kommune ihr Projekt nicht
anpacken. Allerdings: Die geförderten Projekte müssen erst im September
detailliert beantragt werden. Zu spät für die Naher. Sie wollen bald starten.
Sobald der Bauantrag durch sei, wolle man anfangen.
Heute trifft sich der Leiter der Amtsverwaltung, Reiner Lietsch, mit Fischer.
„Knackpunkt ist die Finanzierung, wie wir die hinkriegen.“ Sicher aber sei:
„Das Amt steigt da nicht ein — das ist nicht unsere Aufgabe.“ Und was ist mit
Nachbardörfern? Die würden von einem regionalen Familienzentrum
schließlich auch profitieren. Ein Antwort darauf blieb Lietsch schuldig.

Christian Spreer (Lübecker Nachrichten)